Auf der Suche nach Schimmels Erbe

Viele frühe Episoden aus der Geschichte des Bürgerschützenvereins Ahlen kamen erst zum 125-jährigen Bestehen als Licht. So fand Stadtchronist Jürgen Rheker handfeste Hinweise darauf, dass die Wurzeln der Gemeinschaft viel weiter als ins Jahr 1688 zurückreichen.

Doch der Blick ins Archiv weist auch in jüngerer Zeit eine Lücke auf, die zwar dank der Zeitungs- und Dokumentenarchive des Vereins weitgehend geschlossen werden kann, aber dennoch weitere Forschungen nötig macht. Es geht um ein fehlendes Buch in aufwendigem Einband, das viele Details über die Ahlener Schützengeschichte parat hält. „Im Jahr 1927 verfasste der damalige Vorsitzende August Schimmel eine Chronik der Bürgerschützen, in der er immer wieder aus einem Buch mit Protokollen zitiert, das uns leider nicht mehr vorliegt“, berichtet Theo Ostermann, der die Verwaltung der Inventarien inzwischen seinem Sohn Josef übertragen hat. Doch der Verbleib der sogenannten Schimmel-Chronik lässt den Ahlener dennoch nicht los. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Buch vernichtet worden ist.“ Erste Spuren hat der Senior gemeinsam mit seinem Sohn schon verfolgt. „Schimmel war eine bekannte, sehr geachtete Persönlichkeit in der Stadt, der in vielen Vereinen aktiv war.“

Am 17. April 1933 ist August Schimmel im Alter von 62 Jahren „nach kurzer schwerer Krankheit in einem Krankenhaus zu Dortmund“ verstorben, ist in einer Traueranzeige zu lesen, die kurz darauf in der „Ahlener Volkszeitung“ erschienen ist. Zu diesem Zeitpunkt muss sich das Buch noch im Besitz des früheren Vorsitzenden befunden haben. Theo Ostermann vermutet, dass es mitsamt des Nachlasses an die Verwandten gegangen ist, die allesamt nicht in Ahlen wohnten. „Schimmel hatte keine Kinder“, hat der frühere Inventarienverwalter in Erfahrung gebracht. In der Anzeige werden die Familien Ewald Schimmel, Theodor Turck und Adolf Luckhaus erwähnt – ebenso die Orte Ronsdorf, Hannover, Radevormwald, Wuppertal-Elberfeld und Dortmund. Irgendwo dort müsse demnach auch das besagte Buch stecken.

Die aufschlussreiche Anzeige in den Händen zu halten, war für Theo und Josef Ostermann nicht selbstverständlich. Denn sämtliche „AV“-Ausgaben des Jahres 1933 sind in Ahlen nicht mehr vorhanden. Originale gibt es auch nicht im Warendorfer Kreisarchiv, aber kurioserweise eine bislang nicht erfasste Sammlung auf Mikrofilm. Wer sie wann anfertigen ließ, ist unklar. Hilfestellung bei der Recherche leistete dabei Kreisarchivar Dr. Knut Langewand, der Scans anfertigen ließ.

Eigentlich sollte an diesem Samstag, 15. Januar, der traditionelle Winterball des Bürgerschützenvereins Ahlen in der Stadthalle gefeiert werden. Doch zum zweiten Mal ließ die Corona-Pandemie den Organisatoren keine andere Wahl, als das Ereignis abzusagen. In Zeiten, in denen es schwierig ist, das Vereinsleben zu gestalten, hat der Bürgerschützenverein bereits eine Reihe von alternativen Mitteln genutzt, um damit nicht nur Mitglieder, sondern alle interessierten Bürger anzusprechen, wobei Sinn und Zweck dieses Brauchtums nicht in Vergessenheit gerät. Zuletzt gab es eine Ausstellung im Saal der Gaststätte Geisthövel. Im Vorjahr wurde ein Buch über das Schützensilber veröffentlicht, daneben sind weitere Ausstellungen und Veröffentlichungen wie in dieser Zeitung vorgesehen. Die berechtigte Hoffnung, im Sommer erneut auf einen Holzadler anlegen zu können und endlich einen Nachfolger für den noch immer amtierenden Regenten Thomas Klotz zu finden, besteht unverändert. 

Text: Christian Wolff